KEVELAER. Die Wirtschaftsförderung in Kevelaer ist derzeit als Stabsstelle direkt dem Bürgermeister unterstellt. Die CDU-Fraktion Kevelaer im Stadtrat Kevelaer möchte das ändern und eine ausgelagerte Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haftung (WFG) als eigenständiges Unternehmen installieren. Die Unternehmer-vereinigung Kevelaer (UVK) begrüßt diese Initiative.

Die Niederrhein Nachrichten fragen Kevelaerer Unternehmer nach ihrer Meinung zum Thema. Was versprechen Sie sich von einer eine ausgelagerte Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit beschränkter

Haftung (WFG) als eigenständiges Unternehmen?

Thomas Schatorjé Geschäftsführer von Schatorjé Reisen : Ich denke, dass mit einer eigenständigen WFG außerhalb der Verwaltung es besser möglich sein wird, den Aufgaben und Zielen einer fortschrittlichen Wirtschaftsförderung gerecht zur werden. Unabhängig von den Vorgaben des Verwaltungsapparates wäre es leichter kreatives, engagiertes und passendes Personal für diese Aufgabe zu gewinnen. Ich bin davon überzeugt, dass die Effizienz dieser neuen Einheit, losgelöst von der Verwaltung, größer ist. Ludwig Beckers, Mitglied der Geschäftsführung von ABS: Zunächst einmal möchten wir, die wir uns für die wiederholte Gründung einer „Wirtschaftsförderung Wallfahrtsstadt Kevelaer“ engagieren, deutlich sagen: Wir erkennen die Anstrengungen der derzeitigen Akteure für den Standort mit seinen Herausforderungen ungeteilt an. Wir respektieren deren Aktivitäten, wir teilen deren Ideen, wir wissen, dass die Situation am Standort ohne alles dies schlechter wäre. Dennoch: Die Freiheit, die eine Wirtschafts-förderung auf der Basis einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung hinzu bekäme, die würde deutlich frischen Wind „unter die Flügel bringen“. Heute noch werden die Akteure um Verena Rohde zu einem Fünftel ihres Tuns, so schätzt die Unternehmerschaft, mit Aufgaben wie Sitzungsteilnahmen, wie Protokollschreiben, wie interne Antragstellungen und Bitten und Betteln um Freiräume gebunden. Dieses würde sich mit einer GmbHGründung, so denken wir, ändern. Jeder konzeptionelle Neuansatz im Geschäft mit der breiten Öffentlichkeit würde nicht zuvor auf den Fluren der Verwaltung, in öffentlichen Gremien und Sitzungen zermahlen. Nein, er würde ausschließlich von der „Abstimmung nach Füßen“, sprich von der Teilnahme und damit Anziehungskraft des Events zu bewerten sein. Dies sind wesentliche Gründe für die Überlegung, das einstmals Gehabte und Gute, nämlich unsere ehemalige „Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft der Stadt Kevelaer mbH“, wieder haben zu wollen.

Welche Vorteile für die Stadt Kevelaer im Allgemeinen und Ihr Unternehmen im Speziellen sehen Sie in dieser Gesellschaftsform?

Thomas Schatorjé : Wirtschaftsförderung bedeutet unter anderem für mich, dass man ein gutes Netzwerk mit der heimischen Wirtschaft aufbaut. Nur im Austausch kann man gute Rahmenbedingungen für deren Entwicklung in dieser Stadt schaffen. Ich habe den Eindruck, dass dieses Netzwerk momentan in Kevelaer verkümmert.

Ludwig Beckers: Da gibt es viele, denken wir. Ein unschätzbarer Vorteil wäre die Tatsache, dass man viel deutlicher mit Sponsoren zusammenarbeiten könnte. Würde man heute einen kleinen fünfstelligen Betrag für ein neues Veranstaltungskonzept in der Unternehmerschaft generieren, dann flösse das Geld in den Gesamt-Haushalt der Stadt Kevelaer. Bei Vorhandensein einer GmbH fließt er in die Veranstaltung, wo das Geld in dem Fall auch hingehört. Glaubt man denen, die vor Jahren noch in den  Aufsichts-gremien der damaligen Gesellschaft tätig waren, wurden seinerzeit nennenswerte Geldbeträge mit engagierten Firmen vor Ort „gesammelt“. Es gab daher eine Sport- und Musikschau am Hülsparkt, Open-Airs mit den Backstreet Boys, mit Klaus Lage, selbst Udo Jürgens gab seinen Tournee-Start im Konzert- und Bühnenhaus. Alles undenkbar ohne das Geld auch aus der heimischen Wirtschaft.

Diese sogenannten Win-Win-Situationen, sie stehen für den Standort, die Stadt, die GmbH und auch die engagierten Unternehmen. Das neue Konzept könnte sogar dazu führen, dass die GmbH auch mit dem einen oder anderen Groß-Unternehmen aus Kevelaer in der Trägerschaft aufgebaut wird. Wichtig dabei nur: Die Stadt und damit der Bürgermeister als Vorsitzender im Aufsichtsrat oder Mit-Geschäftsführer muss die Mehrheit behalten. Und die Geschäftsführung sollte den Respekt der Gesellschafter Tag für Tag spüren.

Worin sehen Sie die Nachteile der aktuellen WFG, die als Stabsstelle im Rathaus angesiedelt ist?

Thomas Schatorjé: Die Nachteile der aktuellen WFG als Stabstelle im Rathaus ergeben sich aus dem zuvor Gesagten.

Ludwig Beckers : Im Grunde ist diese Frage die andere Seite der bereits beleuchteten „Medaille“. Der Stabsstelle ist nicht ausreichend Beweglichkeit gegeben. Sie ist und bleibt ein zentraler Diskussionspunkt in Verwaltungen, weil sie mit diversen Sonderrechten verbunden sein sollte, die von anderen geneidet werden. Das beginnt schon bei der strahlungskräftigen und wirtschaftsfördernden Öffentlichkeitsarbeit, für die eine Pressestelle in der Verwaltung zunächst gewonnen und dann geschult werden muss. Es reicht heute nicht mehr, die Sperrung des Peter-Plümpe-Platzes zur Kirmes zu veröffentlichen. Es sind die Lesegeschichten, die unseren Standort zwischen Wallfahrtsentwicklung und Standortförderung interessant und zum Hingucker machen.

Wer soll die „neue“ Wirtschaftsförderungsgesellschaft leiten?

Thomas Schatorje: Die Stelle sollte mit dem Bewerber besetzt werden, der über das beste Konzept zur Zielerreichung der Gesellschaft verfügt und dafür auch die notwendige Standhaftigkeit und Kreativität mitbringt. Ich kann mir vorstellen, dass Frau Rhode diese Eigenschaften besitzt.

Ludwig Beckers: Unsere Wirtschaftsförderung in Kevelaer befindet sich in guten Händen, sie ist allerdings in einem verbesserbaren Kleid. Verena Rohde hätte es verdient, Geschäftsführerin einer „Wirtschaftsförderung Wallfahrtsstadt Kevelaer“ zu werden. Wir als Unternehmer fänden es begrüßenswert, wenn die Gremien nicht ausschließlich durch politische Akteure zu besetzen wären, sondern auch von engagierten Firmenchefs des Standortes, zumindest in einem Beirat. Es wären sicherlich die Kreditinstitute zu nennen, genauso die großen Gewerbesteuerzahler. So würde Wir-Gefühl entstehen, an dem es heute manchmal mangelt. Kerstin Kahrl

Quelle: 22.02.24, 10:15 Ausgabe ‚M Kevelaer‘, 21.02.2024, Seite 1

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